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Kamelien in Tonkugelsubstraten?

von Klaus Peper

Im Fachhandel werden gebrannte Tonkugeln verschiedener Größe für Hydrokultur sowie ein Ton-Granulat (Seramis) für Zimmerpflanzen angeboten und mit viel Propaganda vertrieben. Im ersten Hinsehen scheinen diese Konzepte große Vorteile gegenüber herkömmlichen Erdsubstraten zu haben, insbesondere Sterilität, Sauberkeit und leichte Handhabung, zudem einige Sicherheit gegen Fehlbehandlung wie zuviel Giessen. Bei vielen Zimmerpflanzen haben sich diese Konzepte sehr bewährt, bei anderen nicht. Die Frage der Anwendung dieser Substrate auf Kamelien wird sehr kontrovers geführt, die bisherigen Erfahrungen sprechen eher für herkömmliche Erdsubstrate. Gleichwohl möchte ich meine neueren Erfahrungen hier berichten und die Leser zu weiteren Experimenten auf diesem Gebiet ermutigen.

Hydrokultur

Tonkugeln sind aufgeschäumte, daher leichte Tonsubstanzen, die bei hoher Temperatur gebrannt werden. Sie gibt es in verschiedenen Größen und haben eine geschlossene Oberfläche. Die Kugeln sind sehr inert und nehmen so gut wie kein Wasser oder Nährstoffe auf. Die Pflanze ist somit darauf angewiesen, ihre Wurzeln ständig mehr oder weniger in einer Substratlösung zu halten, die Pflanzen bilden dabei regelrechte Wasserwurzeln aus. Die Substratlösung (Nährstoffe in Wasser gelöst) läßt sich in der Höhe gut kontrollieren, im Nährstoffgehalt weniger, jedenfalls für den Amateur. Kamelienwurzeln sind generell sehr nässeempfindlich und faulen, sobald die Temperatur unterhalb von 15°C eingestellt ist, zudem sind sie sehr salzempfindlich. Aus den Erfahrungen mit Erdsubstraten wissen wir, sobald diese verschlämmen (meist im unteren Teil des Topfes), zieht die Kamelie ihre Wurzeln zurück und besiedelt nur noch den oberen Topfteil. Eine optimale Situation ist dies nicht. Die Kamelie von Anfang an an Wasserwurzeln zu gewöhnen mag ein Weg sein, Erfolge dazu werden jedoch nicht vermeldet, es gab lediglich einen Amateur, der in der irgendwann meldete, er bringe die Kamelien in Hydrokultur zum Blühen. Offensichtlich sind aber alle, die mit diesem System experimentierten, inzwischen zur herkömmlichen Erdsubstratkultur zurückgekehrt.

Eine andere Verwendung der Hydrokultur-Tonkugeln kann darin bestehen, dieses Material als inerten Zuschlag zu normalen Erdsubstraten zu verwenden, um die Wasserführung zu verbessern und um das Substrat länger stabil und luftdurchlässig zu halten. So richtig beeindruckend ist die Verbesserung aber nicht und zudem ist die Verwendung ziemlich teuer.

Insgesamt kann ich die Verwendung dieser Tonkugeln in der Kamelienkultur nicht empfehlen, sollten Sie aber dennoch deutliche Ergebnisse haben, berichten Sie bitte.

Seramis

Seramis (WWW) ist ein gebranntes Tongranulat, welches mit erheblichen Werbeaufwand praktisch in allen Gartenzentren und Baumärkten angeboten wird. Das Granulat ist im Gegensatz zu den Tonkügelchen offenporig und kann beträchtliche Wasser- und Nährstoffmengen speichern. Es ist teuer (etwa Euro 5.- für 8 Liter), sauber, steril und leicht anzuwenden.

Das Verfahren besteht darin, die Pflanze mit Erdballen in einen größeren Topf zu setzen und mit Seramis aufzufüllen. Der Topf ist geschlossen, erhält einen Feuchteindikator und ist nur zu giessen, wenn dieser komplett rot wird. Die in dem Granulat gespeicherte Nährlösung versorgt die Pflanze viel länger mit Feuchtigkeit und Nährstoffen als jedes Erdsubstat. Das klingt für Zimmerpflanzen ganz gut, ist aber für Kübelpflanzen schnell viel zu teuer. Außerdem stehen Kübelpflanzen auf Terasse oder im Garten und regnen voll. Hier muß das System also modifiziert werden.

A) Seramis als Zuschlagstoff

Mein erster Gedanke bei Seramis war, dies sei ein sehr geeigneter Zuschlagstoff zu normalen Substraten, um die Wasserhaltigkeit und die Durchlässigkeit zu verbessern. Die Topfkamelien wurden dann behandelt wie alle anderen. Das Ergebnis nach einem oder zwei Jahren war, daß die Pflanzen vergreisten und hungerten. Die Ursache lag im Topfballen: Seramis hatte mit den Erdanteilen bzw. den Zersetzungsresten des Torfes eine fast betonartige Masse gebildet, in der die Wurzeln verbacken waren. Es war nicht möglich, diese Masse auszukratzen, ich mußte eine Säge nehmen und Sektoren heraussägen, damit ich Platz für neue Wurzeln bekam. Die Pflanzen erholten sich wieder, aber vor solcher Verwendung von Seramis kann ich nur warnen.

B) Seramis als Pflanzsubstrat

Eigentlich war meine Experimentierfreude nach den Erfahrungen unter A)gedeckt, zumal ich das Problem mit dem Wasserstand bei Freilandkübeln nicht lösen konnte. Jedoch fand ich kürzlich die Homepage von Steffen Reichel, der hervorragende Empfehlungen zur Citruskultur gibt. Citruspflanzen sind ja auch von kalter Vernässung geplagt, wahrscheinlich sind sie dabei noch gefährdeter als Kamelien. Steffen gibt an, wie er das Seramis System modifiziert hat und inzwischen alle seine Pflanzen in Seramis kultiviert. Seine Erfolge haben mich überzeugt.

Steffen hat die Wurzeln seiner Pflanzen komplett ausgewaschen, einfach um die Kübelgröße klein zu halten. Er setzte die Pflanzen dann in reines Seramis. Das Giessproblem löste er, indem er sehr kontrolliert nur dann eine ausgemessene Wassermenge zugab, wenn der Anzeiger komplett rot war. Wenn die Kübel im Sommer nach draußen kamen, drohte im Topf die Überschwemmung. Hierzu erfand er die "Ölablass-schraube", ein 6 mm Gewindeloch unten am Topf, mit einer Schraube verschlossen, die er entfernte, sobald der Topf ins Freie kam. So konnte überflüssiges Wasser den Topf sofort verlassen.

Diese Anordnung und ihr Erfolg faszinierte mich. Warum aber die Schraube öffnen und schließen? Wenn die Anordnung mit freien Abzuglöchern draußen funktioniert, dann doch auch im Winter unter Glas (Unterteller nicht vergessen)?

Also nahm ich normale Plastikpflanztöpfe, legte eine Filterschicht ein (Sieb oder auch Rindenmulch), damit das Tongranulat nicht durch die Abzuglöcher verschwindet, und pflanzte einige Kamelien ein, mit verkleinertem Wurzelballen nach Vorschrift als auch erdelos nach Steffen's Vorschlag. Die Töpfe kamen zu den anderen ins Freie und wurden genauso gegossen und gedüngt (Alkrisal und Rhododendrondünger mit Guano) wie alle. Die Feuchteanzeiger habe ich inzwischen alle entfernt. Das Ergebnis ist sehr ermutigend. Die so kultivierten Kamelien sehen nach einem Jahr noch sehr gesund aus und hatten einen normalen, gesunden Zuwachs. Ich bin inzwischen überzeugt, daß das modifizierte Seramisverfahren eine Alternative zur normalen Erdkultur sein kann, besonders für Hobbygärtner, die ihre Pflanzen sehr gerne vergiessen. Experimente sind empfohlen: es geht.

C) Seramis als Keimsubstrat

Kameliensamen soll möglichst frisch ohne auszutrocknen sofort aus der Schale in ein Substrat kommen. Es wird hierzu ein Plastikbeutel empfohlen, gefüllt mit Torf. Der Beutel wird warm gehalten, die Keimung erfolgt oft schon nach 14 Tagen (kann aber auch 6 Monate dauern). Ich habe bisher als Substrat reines Sphagnummoos genommen, weil die gekeimten Sämlinge darin nicht so sehr verschmutzten. Da Kamelien als Sämlinge Pfahlwurzeln ausbilden, wird ihnen oft die Wurzelspitze gekappt, um sie später im Töpfchen weiterzuziehen. Hierbei gibt es gerne Botrytis-Infektionen, die sehr robusten Sämlinge fallen dann zwar nicht um, werden in der Entwicklung aber stark behindert. Steriles Seramis erscheint mir ein ideales Keimsubstrat: die Sämlingswurzeln bleiben feucht und erhalten trotzdem viel Sauerstoff. Experimente hierzu werden empfohlen.

D) Seramis als Stecklingssubstrat

Die besten Aussichten haben Kamelienstecklinge, wenn sie im August oder September genommen werden, wenn die Neuaustriebe eine gewisse Reife haben, ohne schon herbstlich oder winterlich verholzt zu sein. Die Anwendung von Bewurzelungshormon wird empfohlen (Talkumpuder mit 1% Indol-Buttersäure ist das gängige Mittel für Hobbyisten). Die Stecklinge werden in ein Substrat gesteckt und abgedeckt (Minitreibhaus). Leichte Bodenwärme ist angebracht (Wärmeplatte, etwa 10 Watt). Jeder hat sein eigenes Rezept, welches Substrat am besten sei, meist wird ein Torf- Sandgemisch 1:1 empfohlen. Reiner Torf kann sehr sauer sein, er verätzt dann die Schnittstelle, der gebildete Kallus wird braun. Brauner Kallus kann aber keine Wurzeln bilden. Es empfiehlt sich dringend, den Torf vorher aufzukalken, ein Teelöffel Gartenkalk (Kalziumkarbonat) auf einen Liter Torf. Je nach Bedingungen bildet der Steckling seine Wurzeln schon nach einigen Wochen, es kann aber auch bis zu einem halben Jahr dauern. Oft auch ist ein Misserfolg der Bewurzelung nicht zu vermeiden, wenn der Steckling im Substrat anfängt zu faulen. Ich habe gute Erfolge mit Stecken in reinem, zerhacktem Sphagnummoos, welches nicht schnell austrocknet, aber luftdurchlässig bleibt. Alternativ versuchte ich reines Vermikulite, auch mit gutem Erfolg. Aber Sphagnum wie Vermikulite haben einen großen Nachteil: besonders im Gewächshaus zersetzen sie sich ziemlich rasch (bilden Matsch) und das Umgewöhnen an das nächste Substrat ist oft schwierig.
Seramis scheint auch hier ein geeignetes Substrat zum Stecken zu sein. Ich habe zwar noch keine systematische Vergleiche, aber die bisherigen Erfolge haben mich sehr überzeugt. Der gebildete Kallus bleibt lange schneeweiss, die gebildeten Wurzeln verbreiten sich sehr schnell im Substrat. Stecklinge lassen sich auch leicht herausnehmen und, wenn bewurzelt, wieder in das alte oder zum Umsetzen in neues Seramis Substrat einsetzen. Zur Weiterkultur empfiehlt sich die Methode nach B). Seramis bleibt strukturstabil und die Weiterkultur eines bewurzelten Stecklings im gleicen Substrat macht keine Schwierigkeiten.

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